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Leid

„Leid adelt den Menschen. Nur wer Leid erträgt, wird Glück erfahren.“

Dalai Lama

Leide und steh‘ dann wieder auf.

Leid ist eine menschliche Erfahrung und gehört genauso zu uns Menschen wie Freude und Glück. Rancher Prime und Guido von Arx schreiben in ihrer Ausgabe der Bhagavad-Gita: „Die Freuden der Sinne werden als Ursache von Leid beschrieben.“ Da die Sinne zu uns Menschen gehört, ist wohl das Leiden vorprogrammiert.

Betrachten wir die fünf Säulen unserer Identität, kann Leid in allen Säulen begründet sein: Überforderung im Beruf, mangelnde finanzielle Sicherheit, kein Vertrauen in der Partnerschaft, Streit in der Familie, wenig Unterstützung im sonstigen Umfeld, eine körperliche Krankheit, seelische Verletzungen oder Regelverstöße gegen die eigenen Werte. Auch die Intensität des Leidens ist individuell und kann demnach ganz unterschiedlich sein. Manche Menschen leiden relativ wenig, manche ihr ganzes Leben lang. Einige leiden nicht ganz so schlimm wie andere.

Leid belastet und oft ist es kaum zu ertragen. Wir Menschen streben danach, Leid loszuwerden und schalten unseren „inneren Kontrolleur“ ein, der das Leid verhindern soll.

Wie können wir das Leiden verhindern? Ich sage mal ganz platt: Gar nicht. Und behaupte, dass es nichts hilft, alles zu kontrollieren und sich einfach vorzunehmen, nicht mehr zu leiden und dem Leid aus dem Wege zu gehen. Denn Leiden verschwindet nicht einfach so – nur, weil unser Kontrolleur auf Verstandesebene entscheidet, dies nicht mehr zu tun.

Allerdings zeigt meine eigene Erfahrung und die meiner Klienten, dass wir die Intensität unseres Leidens beeinflussen und minimieren können.

Als Risikomanagerin könnte ich die Situation folgendermaßen bertrachten:

Folgendes Risiko besteht: "Ich leide und mein Leiden haut mich total aus dem Hocker." 

Der mögliche Schaden wäre ziemlich hoch und wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit ist, dass es Dich total aus dem Hocker haut, kommt auf Dich persönlich und Deine Situation an. 

Handelt es sich um ein rotes Risiko, ist sofortiger Handlungsbedarf angesagt. 

Dann gilt es Steuerungsmöglichkeiten zu finden, damit Dein Leiden nicht ganz so groß ist und Du auf jeden Fall wieder aufstehen kannst.

Wie schaffst Du es, dass Du zwar leidest, aber dann auch wieder aufstehst? Bevor Du jetzt schnell antwortest, lade ich Dich zu folgendem ein:

Halte kurz inne und verbinde Dich mit einer vertrauensvollen Stimme. 

Lasse für einen Moment Deine Kontrolle los und lege Deine Sorgen in spirituelle Hände. 

Bitte um die Kraft, die Dir das Licht am Ende des Tunnels schenkt.

Sieh' Dich in Deiner Verletzlichkeit und sage Dir selbst folgende fürsorglichen Sätze:

"Mögest du frei von Leiden sein..."
"Mögest du frei von Angst und Sorgen sein..."
"Mögest du Geborgenheit und Frieden finden..."

An diese drei Sätze, die ich bereits in meinem Tagesimpuls „Mitgefühl“ erwähnt habe, erinnere ich mich immer gerne, weil sie beruhigend wirken, wenn ich sie für mich und andere leidende Menschen sage.

Als ich mich auf meinen Tagesimpuls „Leid“ vorbereitet habe, habe ich mich an eine Methode erinnert, die mir beim Lesen des Buches „Wenn alles zusammenbricht“ über den Weg gelaufen ist. Vielleicht könnte dies auch für Dich etwas sein:

Tonglen.

Die Praxis von Tonglen ist ungewohnt, weil man sich nicht vom Leid abwendet und versucht, das Leid loszuwerden, sondern man nimmt es an, atmet es ein und atmet alles, was Linderung verschafft (Glück, Freude etc.) aus.

Zwei Buchtipps dazu:

Auszüge aus dem Buch von Pema Chödrön "Wenn alles zusammenbricht", Kapitel 15: "Gegen den Strich"

"Tonglen ist eine Praxis, die uns mit dem Leiden in Kontakt bringt - unserem eigenen und all dem, auf das wir stoßen, wo immer wir uns hinwenden. Tonglen ist eine Methode, um unsere Angst vor dem Leiden zu überwinden und die Enge unseres Herzens aufzulösen. Zuallererst aber weckt diese Praxis das Mitgefühl, das wir alle in uns tragen, gleichgültig, für wie grausam oder kalt wir uns halten." 

"In diesem Fall ändern wir die Ausrichtung der Praxis und üben Tonglen für das, was wir gerade empfinden und für die Millionen anderen Menschen, die sich in diesem Augenblick ebenso festgefahren wie elend fühlen wie wir. Vielleicht können wir unseren Schmerz beim Namen nennen. Wir erkennen ihn klar als panische Angst, als Abscheu, Zorn oder Rachsucht. Also atmen wir für alle Menschen ein, die in der gleichen Emotion gefangen sind, und wir senden Linderung, alles, was uns selbst und den zahllosen anderen wieder Raum schafft....Wir berühren einfach, was wir fühlen und atmen es ein, wir nehmen es in uns auf und senden mit dem Ausatmen Erleichterung für uns selbst und alle anderen aus."

Im Zuge der Vorbereitung auf den heutigen Tagesimpuls ist mir ein weiteres Buch von Pema Chödrön begegnet, das sich intensiv mit Tonglen beschäftigt. Da ich es selbst erst noch lesen werde, kann ich zum Inhalt noch keine Aussagen treffen. Da es spannend klingt, teile ich meine neue Entdeckung gerne mit Dir.

Ausschnitt von der Rückseite des Buches von Pema Chödrön "Tonglen"

"Tonglen ist eine Meditationspraxis, die Liebe und Mitgefühl in den Mittelpunkt unseres Gewahrseins rückt. Es ist ein sanfter Prozess der Öffnung des Herzens - Schritt für Schritt. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von kleinen Irritationen und Unannehmlichkeiten des Alltags über Probleme in Familie und Partnerschaft oder den Umgang mit Schmerz, Sucht und Krankheit bis hin zur Begleitung Sterbender und der Übung für Verstorbene."

Ich wünsche Dir, dass Du so wenig wie möglich leidest und Du immer wieder aufstehen kannst.

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